Filmkritik zu Aufbruch: Reise ins Ungewisse


Alexandra Seibel, Kurier, 07.03.2019

Der Regisseur und Schauspieler Ludwig Wüst übernimmt mit Claudia Martini eine Hauptrolle in seinem Roadmovie "Aufbruch".

Zwei Beziehungen gehen zu Ende. Zurück bleiben jeweils eine Frau und ein Mann, beide nicht mehr ganz jung, beide angelangt an einem Endpunkt. Sie sitzt desperat auf einer Bank in der burgenländischen Provinz, er fährt mit einem dieser Autos vorbei, die nicht schneller als 40km/h fahren dürfen. Sie steigt zu – und ab dann reisen sie gemeinsam.

Wohin genau, ist schwer zu sagen. Wichtig sind die Zwischenstationen, die eingelegt werden. In einem verlassenen Haus, zum Beispiel, wo sie angesichts der schmutzigen Tapeten in verzweifeltes Weinen ausbricht. Mit ihren bloßen Händen beginnt sie, die Wand weiß zu färben. Überhaupt der Körper: Ludwig Wüst, Regisseur und Hauptdarsteller seines in schönem Cinemascope gedrehten Films, konzentriert sich auf Hände, Gesten und Materialien. Der Trauer um den persönlichen Verlust und um den unaufhaltsamen Fluss der Zeit begegnet er mit Handreichungen – wie dem Schnitzen eines Kreuzes oder dem Grillen von Erdäpfeln. Wüst entwirft ein Kino der Langsamkeit, in dem die Figuren einander begegnen können – und sich selbst.

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