TAPE END



AT 2011
Farbe, 60 Min., MiniDV, 16:9, Stereo, Deutsch, engl. Untertitel
UA Moskau IFF

Regie, Produktion, Buch Ludwig Wüst Ko-Produzent Matthias Pázmándy Kamera Klemens Koscher Ton Gregor Rašek Postproduktion Samuel Käppeli Assistent Anna Sautner

Mit Nenad Šmigoc, Suse Lichtenberger, Claudia Martini, Zoë Riedl

Gefördert von Stadt Wien MA7


tape-end.net

Synopsis

TAPE END, das ist ein Raum, eine Einstellung, eine Stunde ohne Schnitt und 4 Personen, in deren Beziehung sich die großen Themen des Kinos abbilden – Liebe, Macht, Verrat, Rache, Sühne.
Barbara Pichler

Director’s Statement

TAPE END arbeitet daran, den Regisseur überflüssig zu machen. Die Idee zu TAPE END entstand 2005 während der Proben zu meiner Theaterinszenierung von Ingmar Bergmans „Efter Repetichonen“. Bergman wollte immer einen Film ohne Schnitt drehen, hat diese Idee aber leider nie verwirklicht. TAPE END ist die Rekonstruktion eines Laborversuches, Folge möglicher Ereignisse. Der Film zeigt den Moment seiner Entstehung. Während des Drehs befanden sich nur die Darsteller im Raum. Der Regisseur wurde durch den Darsteller des Regisseurs ersetzt, dieser bediente auch die Kamera. Das Abfallprodukt dieser „Live“- Performance ist ein 60 Minuten realtime Videotape, dessen Projektion im Kino dem Zuschauer von Beginn an jegliche Illusion nimmt. In der ersten Sekunde des Films wird auf dessen Machart verwiesen, und damit das Hauptthema klargelegt: Eitelkeit. Kein Film (kein Kunstwerk?) entsteht ohne diesen „Brennstoff“, der es einem Filmemacher möglich macht, auch über Leichen zu gehen. TAPE END reflektiert sowohl diese Eitelkeit als auch die nicht absehbaren Folgen, Leben in Szene setzen zu wollen. Dem Leben eine Falle stellen und dann selbst feststecken. Darin enthalten die Reflexion über und die Kritik am Größenwahn eines Filmemachers, einer fragwürdigen Ordnung etwas abzutrotzen, ohne der Wucht des evozierten Chaos auch nur annähernd etwas entgegensetzen zu können. Der Künstler ist Triebtäter, seine Lebensangst und -verweigerung resultieren in der Notwendigkeit eines Gegenentwurfs. Das kann auch eine Negativutopie sein. Der erste Film der Filmgeschichte war ein Horrorfilm: Während der Aufführung von „l’arrivée du train en gare“ flohen die Zuschauer aus dem Kinosaal. Das Todesthema in TAPE END wird nur erzählerisch dargestellt und nicht gezeigt, gleich dem Botenbericht im antiken Drama. Nachdem sich die Wirkung sowohl beim Protagonisten als auch beim Zuschauer eingestellt hat, folgt die nächste Behauptung: eine weitere Lüge. TAPE END ist ein einzige Lüge und demontiert sich in den letzten Sekunden selbst. Die 60 Minuten ohne Schnitt sind seine einzige Wahrheit. TAPE END ist ein
Unterhaltungsfilm… Aufgebaut in 3 Akten (Drama/ Tragödie und Satyrspiel), zitiert der Film den Medea-Mythos, erzählt von der Einsamkeit der Menschen in den Bildern Edward Hoppers, von der Stille leerer Räume, vom Lärm der Außenwelt.

"Dieses Ausnahmewerk steht allein auf weiter Flur in der österreichischen Filmlandschaft. ... ein formal radikaler Entwurf, der den Zuschauer fordert: Eine Einstellung, keine Kompromisse. Ohne einen anwesenden Regisseur als Aufpasser stürzt das Off ins Unendliche, beginnt die Leinwand, Emotionen zu bluten, gerät der Film im wörtlichen Sinne außer Kontrolle."
Andrey Arnold, März 2011, Movienerd

"TAPE END: ein Titel, dessen Naheverhältnis zu technologischen Termini verschleiert, dass einem darin die nackten und unvermittelten Gefühle ins Gesicht hüpfen."
Markus Keuschnigg, 25.03.2011, FM4

"Konzeptuelle Spiegelungen bot Ludwig Wüsts Tape End, ein formales Experiment zwischen Schauspielexzess und malerischer Reduktion: In einer einstündigen Einstellung ohne Schnitt wird ein Vorsprechen zum Inferno der Eitelkeiten."
Christoph Huber, 27.03.2011, Die Presse

"Ludwig Wüst tackles with the much-debated sisterhood between theatre and cinema in a 60-minutes film that would have made Ingmar Bergman proud. ... Wüst’s chamber piece escalates with tension and turns out to be an exercise of dramatic creativity, proving that so much can be done with so little means: one camera, four people in one room and a few seconds of sound effects."
Andreaa Dobre, 28.03.2011, Nisimazine

"Wüst verwehrt sich gegen das 'Schau-Spiel' an sich, zeigt es in reiner Form: Eine Besetzungs-Couch ist hier Ausdruck für das Leid an der Welt schlechthin – und das Beste: Sieger gibt es keine, weder männliche noch weibliche."
Matthias Greuling, Alexandra Zawia, 26.03.2011, Wiener Zeitung